Abgezockt! – Jahresgebühr von 194,80 Euro für .com Domain

„So gegen Mittags, am letzten Freitag, erhielt ich einen mysteriösen Anruf.“, erzählte mir Herr Schmidt* von der Schmidt und Muster GmbH*. „Ich fuhr gerade im Auto, als man mir am Telefon berichtete, jemand versuche die .com Domain mit unserem Firmennamen zu registrieren. Diese hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht registriert und man fragte mich, ob ich an dieser Domain interessiert sei. Da ich natürlich nicht wollte, dass man mir die .com Domain wegschnappt, bejahte ich die Frage. Was ich nicht wusste war, dass ich gerade eine .com Domain für 194,80 Euro für das kommende Jahr erwarb.“

Ein mysteriöser Anruf – Jemand will ihre .com Domain registrieren!

Die Geschichte die ich vor wenigen Wochen erfuhr, erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Den angesprochene Unternehmer Herr Schmidt* von der Schmidt und Muster GmbH* kenne ich schon seit Längerem. Als er mich jedoch danach fragte, was es mit diesem kuriosen Telefonanruf auf sich hätte, schlugen bei mir sofort alle Alarmglocken. Auf meine Frage was genau geschehen wäre, erzählte er mir die bereits erwähnte Geschichte. Was er zusätzlich noch bemerkte war, dass man ihn darauf hinwies, das Telefongespräch würde aufgezeichnet werden. Darüber wunderte er sich zwar, war jedoch durch den Telefonanruf so überrumpelt, dass er keinen weiteren Verdacht schöpfte.

Domainhosting weltweit – Wo bitte liegt Belize City?

Nach unserem Gespräch überprüfte ich als Erstes die registrierte Domain. Als Admin der neuen Domain erhielt ich den Namen von Florian Lehmann. Verwaltet wird die Domain in Belize City im Staat Belize. Dieses Land, dessen Namen wohl kaum einer kennt, liegt am Atlantik in Mittelamerika, umgeben von Mexiko, Guatemala und Honduras. Als Besitzer der Domain war Herr Schmidt* registriert, so dass zu mindestens nicht davon auszugehen war, die Domain würde auf einen anderen Namen laufen und Herr Schmidt müsste für die Nutzung der Domain bezahlen. Damit stimmte die Aussage, man würde die .com Domain auf den Namen von Herrn Schmidt* registrieren.

389,60 Euro in fünf Minuten – ein schöner Stundenlohn

Wenige Tage später erhielt Herr Schmidt* eine Rechnung von der Domain Direktverwaltung GmbH, kurz DDV GmbH, aus Hamburg. In dieser wurde ihm die Jahresgebühr für die .com Domain mit einem Jahrespreis von 24,90 Euro sowie eine einmalige Freischaltungsgebühr in Höhe von 169,90 Euro in Rechnung gestellt. Gleichzeitig wurde in der Rechnung darauf hingewiesen, dass keine automatische Verlängerung erfolgt. Auf einem beigefügten Beiblatt zur Rechnung wurde Herr Schmidt* auf sein Kündigungsrecht und auf die Widerrufsbelehrung hingewiesen. Unter anderem ist dort zu lesen:

„Auf eine Kündigung des Vertrages für das kommende Jahr kann nicht eingegangen werden, da zu diesem Zeitraum kein Kaufvertrag mehr besteht.“

Sofern Herr Schmidt* seine Internetadresse behalten möchte, müsste er eine neue Rechnung begleichen, die er kurz vor dem Ablauf des Vertrages erhalten würde.

Auch ein Widerruf des Vertrages ist nach Ansicht der DDV GmbH nicht möglich, da es sich bei der Dienstleistung um eine Dienstleistung handelt, die zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits ausgeführt wurde.

Und was meint ein Anwalt hierzu?

Wir legten diesen Sachverhalt den Anwälten der Kanzlei Kühne- Rechtsanwälte aus Dresden vor, welche diesen Vorgang für uns bewerten sollte. Dieser äußerte sich dazu wie folgt:

Zuerst einmal sind telefonische Vertragsabschlüsse grundsätzlich möglich, da nicht jeder Vertrag schriftlich gefasst werden muss. Aber ein unangekündigter Anruf und daraus resultierend die Übersendung einer Rechnung sind nicht nur unüblich, sondern höchst unseriös.

Darüber hinaus stellt es grundsätzlich einen Straftatbestand nach § 201 Strafgesetzbuch dar, wenn Telefongespräche aufgezeichnet werden. Die Zustimmung des Angerufenen ist daher erforderlich. Den Nachweis darüber, dass diese Zustimmung erteilt wurde, muss die DDV GmbH erbringen.

Aber auch trotz der Tatsache, dass die DDV GmbH unseriös auftritt, kann vorliegend ein Vertrag zustande kommen. Diesen kann Herr Schmidt aber ggf. wegen arglistiger Täuschung anfechten. Die Behauptung, dass jemand versuche seine Internetadresse mit dem Zusatz .com zu registrieren, entspricht vermutlich nicht den Tatsachen und wird allem Anschein nach gezielt vorgetäuscht, um den Angerufenen zum Vertragsabschluss zu bewegen. Auch sind die veranschlagten Kosten weit überhöht im Vergleich zum üblichen Marktpreis, so dass zugleich der Verdacht eines versuchten Betruges nach § 263 Strafgesetzbuch aufkommt. Somit könnte Herr Schmidt bis zu einem Jahr nach Kenntnis von der Täuschungshandlung von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch machen. Versäumt er diese Frist, kann der Vertrag später nicht mehr angefochten werden. Allerdings muss die arglistige Täuschung von demjenigen, der die Anfechtung erklärt, bewiesen werden. Eine Anfechtung sollte, wie jede Willenserklärung, unbedingt schriftlich per Einschreiben und/oder per Fax vorab erfolgen, denn den Zugang der Anfechtungserklärung muss der Absender beweisen.

Wird der Vertrag nicht angefochten, läuft dieser nach den Angaben der DDV GmbH nach einem Jahr ohne Kündigung aus. Aber Achtung: Sofern die DDV GmbH bereits jetzt ankündigt, nach Ablauf des Vertrages eine neue Rechnung zu versenden, heißt es aufgepasst Herr Schmidt, denn wenn er diese Rechnung ohne Rechtsgrund, d.h. ohne Vertrag bezahlt, muss er an die DDV GmbH herantreten und ggf. vor Gericht ziehen, um das Geld wieder zu bekommen.

Wenn auf unseriöse Art und Weise auf Geschäftspartner herangetreten wird, steht im Fokus meist schnelles Geld zu verdienen. Dass Forderungen tatsächlich gerichtlich geltend gemacht werden, wenn die Rechnung nicht bezahlt wird, ist unserer Erfahrung nach eher unwahrscheinlich, zumal die Gerichtskosten dann von diesen Firmen vorab verauslagt werden müssten. Abgesehen davon scheuen sie das Risiko eine Klage zu verlieren, da sich das Urteil dann schnell herumspricht.

Aber dennoch: Auch wenn das Vorgehen verschiedener Firmen höchst unseriös ist, schützt das allein nicht davor, dass nicht doch ein Vertrag zustande kommen kann. Daher gilt im rechtlichen Verkehr nicht nur Augen, sondern auch Ohren auf!

Fragen Sie im Zweifel Ihren Anwalt und lassen sich über Ihre Rechte und Pflichten aufklären. Grundsätzlich gilt auch hier: Die Vorsorge ist in der Regel günstiger als die Beseitigung des Schadens.

*Name von der Redaktion geändert