Umgang mit negativen Bewertungen als Onlinehändler

Negative Bewertungen sind für Onlinehändler ein ernstzunehmendes Thema, da sie erheblichen Einfluss auf das Geschäft haben können. Doch welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, gegen ungerechtfertigte Kritik vorzugehen, und wo sind die Grenzen? Mit dem Thema haben wir uns mal beschäftigt und hier eine Übersicht der wichtigsten rechtlichen Aspekte und Strategien zusammengestellt, die euch als Onlinehändler helfen können.

1. Abgrenzung zwischen Meinungsfreiheit und Schmähkritik

Negative Bewertungen fallen grundsätzlich unter die Meinungsfreiheit. Schmähkritik, die nur darauf abzielt, jemanden herabzusetzen, ist jedoch unzulässig.

Mehr dazu: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in verschiedenen Urteilen klargestellt, dass negative Bewertungen grundsätzlich unter die Meinungsfreiheit fallen, solange sie keine Schmähkritik darstellen. Schmähkritik liegt vor, wenn die Kritik ausschließlich darauf abzielt, jemanden herabzusetzen, ohne einen sachlichen Bezug zu haben. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des BGH vom 28.09.2022 (Az.: VIII ZR 319/20), in dem eine Bewertung auf eBay („Versandkosten Wucher!“) als zulässige Meinungsäußerung eingestuft wurde, obwohl der Händler diese als Schmähkritik empfand. Auch überzogene oder ungerechte Kritik ist oft von der Meinungsfreiheit gedeckt.

2. Bestreiten des Kundenkontakts

Wenn ein Unternehmen den Kundenkontakt bestreitet, muss das Bewertungsportal die Echtheit der Bewertung prüfen und diese gegebenenfalls löschen.

Mehr dazu: Ein weiteres wichtiges Urteil des BGH vom 09.08.2022 (Az.: VI ZR 1244/20) stärkt die Rechte von Unternehmen gegenüber anonymen oder pseudonymen Bewertungen. Der BGH entschied, dass es ausreicht, wenn ein Unternehmen den Kundenkontakt bestreitet, um eine Prüfpflicht des Bewertungsportals auszulösen. Bewertungsportale müssen dann überprüfen, ob tatsächlich ein Kundenkontakt stattgefunden hat. Sollte dies nicht nachweisbar sein, muss die Bewertung gelöscht werden. Dieses Urteil erleichtert es Unternehmen erheblich, gegen unberechtigte negative Bewertungen vorzugehen.

3. Bewertungen durch Nicht-Kunden

Bewertungen von Personen, die keine direkten Kunden waren, sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig.

Mehr dazu: Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einem Urteil vom 04.06.2024 (Az.: 13 U 110/23) entschieden, dass negative Bewertungen von Personen, die keine direkten Kunden waren, unter bestimmten Bedingungen zulässig sein können. In diesem Fall hatte ein Händler eine Anwaltskanzlei negativ bewertet, obwohl er kein Mandant war. Das Gericht entschied, dass der Händler seine Bewertung hätte ergänzen müssen mit dem Hinweis, dass er kein Mandant der Kanzlei war. Dies zeigt die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zwischen tatsächlichen Kundenbewertungen und solchen von Personen ohne direkte Geschäftsbeziehung.

4. Wettbewerbswidrige Bewertungen durch Mitbewerber

Bewertungen durch Mitbewerber sind unzulässig, wenn nicht klar erkennbar ist, dass kein echter Kundenkontakt bestand.

Mehr dazu: Das OLG Hamburg hat in einem Urteil vom 12.09.2023 (Az.: 7 U 18/22) entschieden, dass negative Bewertungen durch Mitbewerber unzulässig sind, wenn für potenzielle Kunden nicht erkennbar ist, dass kein echter Kundenkontakt bestand. Solche Bewertungen gelten als wettbewerbswidrig und können zu Unterlassungsansprüchen führen. Dies ist besonders relevant für Onlinehändler im Wettbewerb mit anderen Anbietern.

5. Prüfpflichten von Bewertungsportalen

Bewertungsportale müssen Bewertungen löschen, wenn sie nicht nachweisen können, dass ein Kundenkontakt bestand.

Mehr dazu: Der BGH hat in einem weiteren Urteil vom 09.08.2022 (Az.: VI ZR 1244/20) festgelegt, dass Bewertungsportale eine Prüfpflicht haben, sobald der Bewertete den Kundenkontakt bestreitet. Bewertungsportale müssen dann nachweisen, dass tatsächlich eine Geschäftsbeziehung bestand. Kann dies nicht belegt werden, muss die Bewertung gelöscht werden.

Rechtliche Schritte für Onlinehändler

Onlinehändler können unwahre Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik und Bewertungen ohne Kundenkontakt anfechten oder das Bewertungsportal kontaktieren, um die Löschung zu erreichen.

Mehr dazu:

  1. Unwahre Tatsachenbehauptungen anfechten: Aussagen, die objektiv überprüfbar und nachweislich falsch sind, können rechtlich angefochten werden. Dazu zählt zum Beispiel die Behauptung, ein Produkt sei nie geliefert worden, obwohl es nachweislich zugestellt wurde. In solchen Fällen hat der Händler einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung der unwahren Behauptung.
  2. Vorgehen gegen Schmähkritik: Schmähkritik, die ausschließlich dazu dient, den Händler herabzusetzen oder zu beleidigen, ist unzulässig. Hier besteht ein Anspruch auf Löschung der Bewertung sowie auf Unterlassung weiterer Verbreitung. Bei besonders schweren Fällen von Beleidigung oder übler Nachrede kann der Händler auch strafrechtlich gegen den Verfasser vorgehen.
  3. Kontaktaufnahme mit dem Bewertungsportal: Ein erster Schritt sollte immer die direkte Kontaktaufnahme mit dem Bewertungsportal sein. Viele Portale haben Richtlinien, die es ermöglichen, rechtswidrige Bewertungen zu melden und deren Entfernung zu beantragen. Der Händler sollte dabei klar darlegen, warum die Bewertung unzulässig ist und gegebenenfalls Beweise vorlegen.
  4. Gerichtliche Schritte: Wenn weder der Verfasser noch das Bewertungsportal auf Aufforderungen reagieren, kann der Onlinehändler gerichtliche Schritte einleiten, um die Löschung der Bewertung durchzusetzen. Dabei kann es sich um eine Unterlassungsklage oder eine Löschungsklage handeln.

Erste Schritte: So geht ihr gegen eine negative Bewertung auf Google vor

Überprüft die Bewertung, kontaktiert den Verfasser, meldet die Bewertung bei Google und leitet bei Bedarf weitere Schritte ein.

Schritt-für-Schritt-Anleitung:

  1. Bewertung prüfen: Überprüft die negative Bewertung genau, um festzustellen, ob sie gegen die Richtlinien von Google verstößt oder rechtlich anfechtbar ist. Handelt es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, eine Schmähkritik oder eine Bewertung von jemandem, der kein Kunde war?
  2. Verfasser kontaktieren (optional): Falls möglich, versucht den Verfasser der Bewertung direkt zu kontaktieren. Eine höfliche Anfrage, die Bewertung zu überdenken oder zu löschen, kann manchmal schon ausreichen. Wichtig ist, dies stets sachlich und ohne Drohungen zu tun.
  3. Bewertung bei Google melden: Wenn die Bewertung gegen die Google-Richtlinien verstößt, könnt ihr sie direkt über euer Google My Business-Konto melden. Dazu:
    • Meldet euch in eurem Google My Business-Konto an.
    • Geht zu dem Bereich „Bewertungen“ und sucht die fragliche Bewertung.
    • Klickt auf das Drei-Punkte-Menü neben der Bewertung und wählt „Als unangemessen melden“.
    • Wählt den passenden Grund für die Meldung (z.B. „Falsche Tatsachenbehauptung“, „Spam“ oder „Beleidigung“).
  4. Auf Reaktion von Google warten: Nach der Meldung dauert es in der Regel einige Tage bis Wochen, bis Google die Bewertung überprüft und eine Entscheidung trifft. Es gibt jedoch keine Garantie, dass die Bewertung gelöscht wird.
  5. Weitere Schritte bei Ablehnung: Sollte Google die Löschung ablehnen oder nicht reagieren, gibt es weitere Möglichkeiten:
    • Erneut melden: Falls neue Beweise vorliegen oder ein anderer Verstoß erkannt wird, könnt ihr die Bewertung erneut melden.
    • Rechtliche Schritte einleiten: Bei rechtswidrigen Bewertungen (z.B. unwahre Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik) könnt ihr einen Anwalt einschalten, der eine Unterlassungsaufforderung an den Verfasser richten oder rechtliche Schritte gegen Google einleiten kann.
  6. Präventive Maßnahmen: Fördert positive Bewertungen von zufriedenen Kunden und reagiert professionell auf negative Bewertungen, um Konflikte öffentlich zu entschärfen.

Fazit

Negative Bewertungen sind oft durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, jedoch gibt es Grenzen, insbesondere bei unwahren Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik oder Bewertungen durch Nicht-Kunden. Onlinehändler haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, gegen unberechtigte Bewertungen vorzugehen: von der direkten Kontaktaufnahme mit dem Bewertungsportal bis hin zu gerichtlichen Schritten. Es ist wichtig, jede Bewertung sorgfältig zu prüfen und die geeigneten rechtlichen Maßnahmen einzuleiten, um das eigene Unternehmen zu schützen.

Habt ihr bereits Erfahrungen mit ungerechtfertigten Bewertungen gemacht? Wie seid ihr damit umgegangen und welche Strategien haben sich als erfolgreich erwiesen?

Quellen: it-recht-kanzlei.de, wbs.legal, haendlerbund.de, ra-plutte.de, lawst.de